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Drei Megatrends werden zukünftig für das Wachstum in Europa bestimmend sein

Articles and Op-eds

Rolf Strauch, ESM Chef Ökonom
Drei Megatrends werden zukünftig für das Wachstum in Europa bestimmend sein
Gastbeitrag im Handelsblatt, 22. Januar 2024


Die Rolle der Europäer in der Welt von morgen zu sichern, verlangt Mut und Vision, meint Rolf Strauch. Ein vertiefter, einheitlicher Binnenmarkt und gemeinsame Projekte für nachhaltiges Wachstum würden Europa auch politisch stärken.

Drei Megatrends bestimmen zukünftig Europas Wachstum und wirken sich auf unsere Lebensweise aus: Überalterung, Klimawandel und geoökonomische Fragmentierung. Zudem wird das Erbe derzeitiger Krisen und höherer Zinsen den Finanzspielraum der Regierungen einschränken. Die Frage lautet deswegen: Was kann Europa tun, um diese langfristigen Herausforderungen zu bewältigen.

Megatrend 1: Die alternde Gesellschaft in Europa verringert die Wachstumsaussichten und erhöht den fiskalischen Druck. Wir alle streben danach, länger zu leben. Aber für die Wirtschaft bedeutet eine alternde Gesellschaft weniger Wachstum, Innovation und Wohlstand. Hinzu kommt, dass die Alterung der Bevölkerung mit steigenden Kosten verbunden ist. 

 

Ohne Migration schrumpft Europas Bevölkerung bis 2099 um mehr als ein Drittel

 

Dauerhaft tragfähige und sozial verträgliche Renten- und Gesundheitssysteme zu garantieren, liegt zwar in der Verantwortung der Regierungen. Doch das allein wird nicht ausreichen. Ohne Migration schrumpft die europäische Bevölkerung bis zum Ende des Jahrhunderts um mehr als ein Drittel. Selbst heutige Migrationsströme reichen nicht aus, um den Anteil der arbeitenden Bürgerinnen und Bürger aufrecht zu erhalten.

Der Binnenmarkt der Europäischen Union (EU) braucht deshalb arbeitsmarktorientierte nationale Migrationspolitiken und Arbeitsmarktmobilität. Auf europäischer Ebene können die Verabschiedung des Migration- und Asyl-Paktes sowie die Bereitstellung ausreichender finanzieller und personeller Mittel helfen, Integration zu ermöglichen und die Zustimmung der Bürger zu finden.

Megatrend 2: Der Klimawandel birgt Übergangsrisiken und Kosten für die Wirtschaft. Die Bekämpfung des Klimawandels ist die wichtigste globale Aufgabe der kommenden Jahrzehnte. Die Naturkatastrophen der vergangenen zwei Jahre sind ein belastendes Zeugnis. Und Schlimmeres ist zu erwarten, wenn wir nicht handeln. Die wirtschaftlichen Schäden des Klimawandels zu verhindern oder zumindest abzumildern, erfordert einen drastischen Ausbau der grünen Infrastruktur, klimaneutraler Produktionsketten und die Schaffung grüner Arbeitsplätze.

 

Einhaltung und Schutz des gemeinsamen Binnenmarktes ist ein europäisches Unterfangen


Die unterschiedlich ambitionierten Pläne der Mitgliedstaaten, teilweise finanziert durch den Aufbaufonds „Next Generation EU“, reichen aber nicht aus, um die selbst gesteckten Klimaziele 2030 zu erreichen. Die Neuausrichtung der Wirtschaftsstruktur verlangt nationale Politikinitiativen.
Die Einhaltung und der Schutz des gemeinsamen Binnenmarktes ist ein europäisches Unterfangen. Hierzu gehört auch ein integrierter Kapitalmarkt zur dringend notwendigen Finanzierung privater Investitionen. Außerdem sollten wir über einen Versicherungsmechanismus nachdenken, der Menschen bei extremen Naturkatastrophen Schutz bietet.

Megatrend 3: Geopolitische Zersplitterung verursacht neben menschlichem Leid auch prekäre wirtschaftliche Auswirkungen. Europa – und allen voran Deutschland – hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten stark von der vertieften Handels- und Finanzintegration profitiert. Die hohe Handelsoffenheit bedeutet aber auch Anfälligkeit für Störungen der Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalströme. Deutschland ist hiervon besonders betroffen.

Diesem Risiko sollte man durch eine Diversifizierung der Lieferketten oder durch die Verlagerung der Produktion nach Europa begegnen. Wir können mehr tun, um den europäischen Binnenmarkt zu stärken – wie die Initiativen zur Verbesserung des europäischen Energiemarktes zeigen. Internationale Konkurrenzfähigkeit und strategische Unabhängigkeit sind unweigerlich mit technologischer Innovation und Investitionen verbunden. Hier kann neben nationalen Politikinitiativen, die Bündelung von Ressourcen in europäischen Projekten kostengünstiger sein und ein einheitlicher Banken- und Kapitalmarkt die Finanzierung ermöglichen.

Europas Rolle in der Welt von morgen zu sichern, verlangt Mut und Vision. Ein vertiefter, einheitlicher Binnenmarkt und ambitionierte europäische Projekte für nachhaltiges Wachstum – wie das Aufbau-Instrument „Next Generation EU“ – stärken auch die politische Stimme Europas. Und eines ist auch klar: Die anstehenden Europawahlen setzen den Startpunkt der entscheidenden nächsten fünf Jahre.


 

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