Safety measures concerning the Coronavirus COVID-19. Read more about the measures.

x

Zeit zum Handeln: neue Fiskalregeln für tragfähige Schulden und nachhaltiges Wachstum

Articles and Op-eds
rolf-nicola-1920-889-bw

Zeit zum Handeln: neue Fiskalregeln für tragfähige Schulden und nachhaltiges Wachstum
Von Nicola Giammarioli und Rolf Strauch, Vorstandsmitglieder des Europäischen Stabilitätsmechanismus
Europe.Table Newsletter, 11. Januar 2023

 

Fiskalregeln sind in der Europäischen Währungsunion notwendig, aber unbeliebt. Die Regeln werden oft als „budgetäre Zwangsjacke“ beschrieben. Sie würden es Ländern erschweren, politische Ausgabenversprechen zu erfüllen oder gewünschte öffentliche Investitionen zu erbringen. 

In einer Währungsunion wie dem Euroraum, in der den Mitgliedern nur die Fiskalpolitik als eigenes makroökonomisches Instrument zur Verfügung steht, müssen wir uns jedoch auf Fiskalregeln einigen, um solide Staatsfinanzen zu gewährleisten. Fiskalregeln erhalten das Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten und stärken das Vertrauen der Bürger und der Finanzmärkte in den Euro. 

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) hält die Fiskalregeln fest. Seitdem der Pakt im Jahr 1997 ausgehandelt wurde, wurde er mehrfach geändert. Oft geschah dies, weil der Pakt in Anbetracht der ökonomischen Herausforderungen unvollständig erschien. 

Bereits vor der Pandemie wurde die Notwendigkeit einer Reform des SWP hin zu einem neuen, einfacheren und wirksameren Rahmen für die Bewältigung der verschiedenen wirtschaftlichen und finanziellen Risiken deutlich. Nach einer öffentlichen Konsultation wertete die EU-Kommission alle Vorschläge aus und legte vergangenes Jahr einen überarbeiteten finanzpolitischen Rahmen vor. 

Mithilfe des neuen finanzpolitischen Rahmens möchte die Kommission die Schuldentragfähigkeit der Länder stärken und gleichzeitig ein nachhaltiges und integratives Wachstum durch Investitionen und Reformen fördern.[1]

In ihrem Vorschlag legt die Kommission ein besonderes Augenmerk auf die Länder, in denen die Tragfähigkeit der Schulden ein größeres Problem darstellt. In solchen Fällen wird ein sukzessiver Schuldenabbau nach einer Anpassungsphase vorgeschrieben. Die Bestimmung, dass die Haushaltsdefizite 3% des BIP nicht überschreiten dürfen, würde beibehalten, während die Mitgliedstaaten mehr Spielraum für die Gestaltung ihrer eigenen finanzpolitischen Strategie bekämen. 

Nach dem diesem Vorschlag müssten die Länder nationale Pläne vorlegen, die die Einhaltung der Haushaltskriterien gewährleisten, und gleichzeitig Reform- und Investitionsvorhaben enthalten. Es wäre Aufgabe der Kommission, die Pläne zu bewerten. 

Indem den Ländern mehr Zeit für fiskalische Anpassungen eingeräumt wird, wenn sie investieren und sich auf eine nachhaltigere Wirtschaft zubewegen, versucht der Vorschlag, das richtige Gleichgewicht zwischen Stabilität und Wachstum, den beiden Zielen des Pakts, herzustellen. 

Der Kommissionsvorschlag steht in weiten Teilen im Einklang mit den Zielen des Diskussionsbeitrags des Euro-Rettungsschirmes ESM. Der Vorschlag der EU-Kommission bildet nun die Grundlage für die politische Diskussion. Der finanzpolitische Rahmen der EU ist für das Mandat und die Aktivitäten des ESM von großer Bedeutung. Der ESM ist bereit, sich aktiv an dieser Diskussion zu beteiligen. 

Erstens steht die Bewertung der Schuldentragfähigkeit im Mittelpunkt der Arbeit des ESM. Die Schuldentragfähigkeitsanalyse ist ein wichtiger Baustein der Fiskalregeln. Eine unverantwortliche Haushaltspolitik in einzelnen Mitgliedsländern kann, wenn sie die Schuldentragfähigkeit gefährdet, die Finanzstabilität der Währungsunion gefährden. Diese Stabilität im Euroraum zu sichern ist das Kernmandat des ESM.

Zweitens ist der Zugang zu Finanzhilfen des ESM, insbesondere zu seinen vorsorglichen Kreditlinien, an Kriterien geknüpft, die mit den EU-Fiskalregeln eng zusammenhängen. Der ESM müsste die Stimmigkeit seiner Stabilitäts-Programme mit den im neuen EU-Rahmen festgelegten Bedingungen sicherstellen. 

Drittens ist die Tatsache, dass der ESM die Fähigkeit der Länder im Blick behält, ob sie ihre ESM-Kredite zurückzuzahlen (das sogenannte Frühwarnsystem), eng mit der Aufsicht nach Ende eines ESM Stabilitäts-Programmes verbunden; dieser Aspekt wird ebenfalls in der Kommunikation der Kommission aufgegriffen.

Die drei Punkte zeigen, dass die Arbeit des ESM mit dem Vorschlag der EU-Kommission verwoben ist.

Die EU-Mitgliedstaaten müssen nun den Vorschlag der Kommission erörtern und sich auf die Änderungen und Verbesserungen des finanzpolitischen Rahmens einigen. Die Regierungen sollten die Gelegenheit nicht verpassen, zu einem guten Ergebnis zu kommen, bevor die allgemeine Ausweichklausel, die eine Aussetzung der Regeln unter außergewöhnlichen Umständen ermöglicht, Ende dieses Jahres ausläuft. Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Förderung einer stärkeren und nachhaltigeren Zukunft für Europa.


[1] Europäische Kommission (2022), "Ein wirtschaftspolitischer Steuerungsrahmen, der den anstehenden Herausforderungen gerecht wird", Pressemitteilung: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/ip_22_6562; integratives Wachstum: "Förderung einer Wirtschaft mit hoher Beschäftigung und ausgeprägten sozialen und territorialen Zusammenhalt".

Contacts

Head of Communications and Chief Spokesperson
+352 260 962 205

Deputy Head of Communications and Deputy Chief Spokesperson
+352 260 962 551

Principal Speechwriter and Principal Spokesperson
+352 260 962 654

Senior Financial Spokesperson
+352 260 962 232