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Interview mit Kalin Anev Janse mit der Börsen-Zeitung

ESM

 

 

 

Interview mit Kalin Anev Janse, ESM-Generalsekretär mit der Börsen-Zeitung 
Erscheinungstag:  30. März 2019 
Interviewer: Kai Johannsen 
Originalsprache: Deutsch

 

 

Börsen-Zeitung: Herr Anev Janse, Marktteilnehmer und die allgemeine Öffentlichkeit kennen den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und die EFSF (European Financial Stability Facility) als die Rettungsinstitutionen der Eurozone und als bedeutende Player in Euro-denominierten Bonds im SSA-Universum (Supranationale Emittenten, Gebietskörperschaften und Agencies). In welcher Hinsicht spielt Fintech eine Rolle beim ESM bzw. EFSF? Ist das ein Thema für Sie?

Kalin Anev Janse: Selbstverständlich sind Fintech und weitergehende Finanzinnovationen im Bereich von Infrastrukturen ein Thema für uns. Denn die Kapitalmarktakteure, die laufenden Prozesse und speziell die Anleihewelt sind klaren Veränderungen unterworfen. Zwar ist eine öffentliche Institution wie der ESM nicht in gleichem Maße bedroht wie private Marktteilnehmer. Wenn letztere auf Änderungen nur langsam reagieren, riskieren sie vom Markt zu verschwinden. Das ist weniger wahrscheinlich für eine öffentliche Institution, aber: Wir haben unter unserem Mandat die Verantwortung, einen effizienten Service in höchster Qualität anzubieten. Das ist heute nur erreichbar, wenn wir aktiv Problemlösungen im Bereich von Fintech and Finanztransformationen suchen und umsetzen.

Was heißt das konkret?

Fintech bedeutet in diesem Zusammenhang Innovation, Automatisierung und zudem Vereinfachung von Prozessen. Zudem versuchen wir das zu den geringsten Kosten zu machen für unsere Anteilseigner, die Eurostaaten und die Steuerzahler im Euroraum. Der öffentliche Sektor auf EU-Ebene kann und sollte dabei zum Vorbild werden. Wir können ein Fintech-Innovator sein. Wir können mit Startups zusammenarbeiten. Wir können aber auch selbst neue technologische Produkte oder neue Kompetenzen entwickeln. Finanzinnovation ist dabei nicht auf Fintech beschränkt. Legaltech, Regtech, Risktech und andere Bereiche gehören dazu, die einzeln und zusammen genommen über ein hohes Digitalisierungspotenzial verfügen. Dieses kann und wird Marktinstitutionen, sei es private oder öffentliche, effizienter machen, sofern sie den Prozess überleben.

Wann haben Sie angefangen, sich mit Fintech auseinanderzusetzen, und wo steht der ESM heute? Haben Sie Ihre eigenen Abteilungen, die sich mit Fintech und Innovation befassen?

Damit haben wir bereits vor mehr als fünf Jahren angefangen. Wir waren die erste öffentliche Institution, die bei einem Londoner Fintech-Zirkel mitwirkte. Wir waren in diesem Zeitraum mit mehr als 100 FinTech-Firmen im Austausch. Wir wollten dabei herausfinden, wo Potenzial dafür besteht, die Prozesse und Modelle der Finanzbranche und die Finanzmärkte vollkommen neu aufzustellen und auszurichten. Wir sehen uns auch die sogenannten ‚disruptiven‘ Lösungen an. Das ist auch eine meiner persönlichen Leidenschaften in diesem Bereich.

Das spiegelt sich auch in der IT wider?

Erfordernisse im Bereich Finanzen spiegeln sich immer auch in den technischen Erfordernissen wider, also in der IT. Wir versuchen dabei, Synergien zu finden zwischen der Unterstützung bestehender Prozesse durch IT und der Innovation von Prozessen durch Fintech und Digitalisierung. Unser Ziel ist es dabei, die Art und Weise, wie der ESM seine Dienstleistungen im Einklang mit unserem Mandat erbringt, zu verändern und zu verbessern. Sie fragten danach, wie wir das organisieren, was wir intern „Digitale Transformation und Innovation“ nennen. Eine Gruppe von interessierten und passionierten Mitarbeitern hat 2017 in eigener Initiative die „ESM 4.0“ Gruppe begründet. Der Name ist Programm, in Anlehnung an “Industrie 4.0“.

Wie viele Personen sind in diesem Bereich aktiv, und welchen Anteil an der gesamten Belegschaft machen sie aus?

Etwa 45 Personen beschäftigen sich mit diesem Bereich freiwillig. Das ist ein beachtlicher Teil unserer Gesamtbelegschaft von rund 180 Personen. Diese Mitarbeiter operieren dabei mit Fintech-Lösungen über das gesamte Geschäftsfeld von ESM und EFSF. Wir sind sehr offen für neue Anwendungen, debattieren und bewerten innovative Ideen für unsere Prozesse und Aufgaben. Wir laden Startups ein, die uns neue Lösungen präsentieren. Die „ESM 4.0“ Gruppe ist eine freiwillige Mitarbeiterinitiative, welche sich zunehmend mit der Organisation des ESM verzahnt. Somit erzielen wir starke Synergien aus dem Fintech-Engagement der Mitarbeiter einerseits und ihren täglichen Aufgaben in der Organisation und im Management andererseits. Es ist ein sehr lebhaftes Umfeld, in dem wir hier arbeiten.

Haben Sie denn eigentlich Ihre eigenen IT-Server in Luxemburg?

Wir haben uns beim ESM von Anfang an dazu entschieden, auf Outsourcing-Lösungen zu setzen. Das war einfach der effizienteste Weg. Wir waren auch die erste internationale Finanzinstitution, die die technische Betreuung ihres Front-Office-Systems komplett nach außen vergeben hat. Das gleiche gilt für die Unternehmens-IT. Das war vor mehr als sieben Jahren. Wir waren also die erste öffentliche Institution, die für ihre Server ein vollständiges Outsourcing vorgenommen hat. Wir nutzen eine Kombination von öffentlichen und privaten Cloud Services. Manches findet in einer öffentlichen Cloud statt, anderes wiederum in einer privaten Cloud. Wir arbeiten mit Software-, Plattform- und Outsourcing-Services. Das bringt uns viele Vorteile, und wir sind mit dieser Vorgehensweise vollauf zufrieden.

Ist es nicht sehr risikoreich, wenn der ESM bzw. die EFSF vollständig in einer Cloud arbeiten? Denn ihre Daten sind sehr sensitiv und sehr wichtig für die gesamte Eurozone und natürlich auch für Adressen außerhalb der Eurozone.

Wir sind der Ansicht, dass die führenden Cloud Service Provider über eine bessere Expertise und qualifiziertere Ressourcen verfügen als Firmen, die in-house Lösungen anbieten. Sie bieten uns auch Schutz vor Cyber-Kriminalität bzw. Cyber-Attacken. Außerdem machen wir uns hier die Größenvorteile der Cloud Service Provider zu nutze. Als ESM haben wir natürlich ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein für die Absicherung unserer Prozesse und das Erreichen der Ziele, die uns die Mitgliedsländer gesteckt haben. Natürlich haben wir zudem unsere eigenen Schutzsysteme.

Wie stufen Sie das Cyber-Risiko denn ein?

Das Cyber-Risiko sehen wir als eines der größten Risiken in der Finanzindustrie an und damit auch für uns. Wir haben umfangreiche Absicherungsmaßnahmen dafür eingeführt. Allerdings müssen wir als kleine Institution mit 180 Mitarbeitern sehen, dass wir nicht alles selbst machen können. Es ist daher wichtig für uns, die richtigen Partner für das Outsourcing zu finden und mit diesen dann eng zusammenzuarbeiten. Das gilt auch für die fortwährende Risikoabschätzung und Qualitätskontrollen. Wir versuchen immer, die besten Outsourcing-Adressen zu finden. Zu den Partnern gehören für uns die Tier4-Data-Center, die über die höchsten Standards in Sachen Cyber-Security verfügen.

Wurde der ESM schon einmal mit Cyber-Attacken konfrontiert und wenn ja, mit welchen?

Ja. Das ist nun einmal leider die Welt, in der wir leben. Der ESM wird mit Cyber-Attacken genauso konfrontiert wie jede andere öffentliche Institution auch. Dabei handelt es sich in erster Linie um Phishing-Attacken. Wir sehen, dass Kriminelle sogenannte Fake-Emails nutzen. Damit sollen dann Angestellte ausgetrickst werden. Es gab Attacken, bei denen Angestellten vorgetäuscht wurde, dass die Mail vom Managing Director kommt, also vom Chef des ESM. Die Mail enthielt die Aufforderung Gelder zu überweisen. Wir schulen unsere Angestellten mit Blick auf solche Betrugsversuche, damit sie wachsam sind. Die IT wird umgehend informiert und konnte bislang jeden Schaden abwenden. Wir schärfen das Bewusstsein unserer Mitarbeiter für Cyber-Risiken kontinuierlich.

Sie haben ihre eigene IT-Applikation für die Bondsekundärmärkte entwickelt. Was kann dieses Tool? Was kann damit erreicht werden? Was sind die Hauptvorteile?

Ein gut funktionierender und liquider Bondmarkt ist für uns, unsere Bonds und unsere Investoren ausgesprochen wichtig. Wir haben ein Instrument entwickelt, um Marktdaten auszuwerten, mit Hilfe einer sogenannten ‚Deep Data Analytics’ Anwendung. Das fängt mit Daten im Primärmarkt an und umfasst verständlicherweise auch die Daten des Handels im Sekundärmarkt. Die Datenbasis umfasst mehr als 1 Million Datenpunkte. Wir verfolgen am Sekundärmarkt jeden einzelnen Handel in unseren Bonds. Das bezieht sich auf mehr als 110 Bonds und zusätzlich Bills, also Geldmarktpapiere. Das ist also ein sehr großer Datensatz und es sind sehr viele Informationen, die wir daraus auswerten können.

Was für Erkenntnisse gewinnen Sie daraus?

Das erlaubt uns zum Beispiel nachzuvollziehen, wie unsere Bonds am Markt gehandelt werden. So wissen wir, welche Investorengruppen aus welchen Regionen unsere Bonds kaufen und verkaufen. Wir erhalten Informationen über typische Quantitäten, die sektor- und regionsspezifisch gehandelt werden. Aus diesen Informationen ziehen wir Erkenntnisse, die üblicherweise im Handel unter dem Begriff „Market Sentiment”, also „Marktgefühl“ subsumiert werden. Wir können ein solches Market Sentiment für unsere Bonds nun mit harten Daten unterfüttern. Dieses Instrument haben wir komplett hier im Hause entwickelt. Wir haben Applikationsentwickler, Programmierer, Quant-Experten. Das sind für uns sehr wichtige Informationen über den Markt, die für unsere Anleihestrategie und -taktik eine sehr hohe Bedeutung haben. Wir benutzen diese Erkenntnisse auch für die gezielte Ausrichtung der Allokation von neu emittierten Bonds.

Wie hilft das ganz konkret bei der Emissionstätigkeit?

A: Wir sehen uns sehr genau an, was im Sekundärmarkt mit unseren Bonds passiert. Das hilft uns vor dem Hintergrund des ‚Quantitative Easing’, der Geldmengenlockerung der Europäischen Zentralbank. Denn wir können so feststellen, wo beispielsweise die Liquidität in einzelnen Bonds austrocknet. Dann können wir entscheiden, wie wir auf der Emissionsseite darauf reagieren. Wir bekommen die Daten über unsere Markt Gruppe, die aus 41 Banken besteht. Die Banken stellen uns die kompletten Daten aller Umsätze in unseren Anleihen auf Monatsbasis zur Verfügung. Sie stellen uns die kompletten Datensätze aller Umsätze in unseren Anleihen zur Verfügung, und zwar Transaktion für Transaktion. Wir nutzen dann unseren selbst entwickelten Algorithmus, um die Daten auszuwerten.

Der ESM hat ein Auge auf IT Innovation und speziell auf Financial Innovation. Ist das ein reiner Selbstzweck für Sie, oder hilft das auch den europäischen Kapitalmärkten bzw. der Kapitalmarktunion, und in welchem Ausmaß ist das hilfreich?

Beides. Rein hausintern erhöht es die Effizienz unserer Dienstleistungen und führt auch zu geringeren Kosten, zu denen wir diese bereitstellen können. Das ist sehr wichtig. Die Innovation kann dabei sehr schnell gehen. Wir wollen nicht mit Marktveränderungen konfrontiert werden, auf die wir dann reagieren müssten, sondern wir wollen quasi am Ruder sein und diese Veränderungen aktiv gestalten. Ich selbst bin ein großer Technikfreund und verfolge Technik und IT seit langem sehr intensiv. Technologie im ESM ist Teil unserer DNA. Wir wollen die Technologie aber auch nutzen, um die Kapitalmärkte mehr zu integrieren, um die fortbestehende Fragmentierung von Marktsegmenten und –prozessen in der Euro Zone zu überwinden. Diese Technologien tragen zu tieferen Kapitalmärkten bei und somit auch zu einer Stärkung des Euro. Das sind für mich zentrale Elemente, geht es doch um die Weiterentwicklung der Marktinfrastruktur und eine verbesserte Allokation von Schuldpapieren. Damit wird die Kapitalmarktunion in der EU weiter vorangebracht. Wir sehen uns das zusammen mit anderen Marktteilnehmern und Bondemittenten sehr genau an.

Angedacht ist eine neue Emissionsplattform für Schuldpapiere für den öffentlichen Sektor in Europa. Was ist die generelle Idee dahinter?

Vor rund zwei Jahren habe ich mich bereits dafür ausgesprochen, dass es sehr gut wäre, wenn wir einen stärker integrierten Kapitalmarkt in Europa schaffen würden, auch um die finanzielle Stabilität zu fördern. Und ich bin der Meinung, dass es in diesem Zusammenhang sinnvoll ist, eine Anleihemissionsplattform für den öffentlichen Sektor, also Emittenten wie ESM, EFSF und diverse andere Adressen des SSA-Universums und Europäische Öffentliche Finanzinstitutionen zu schaffen. Das wäre eine Fintech-Lösung, die vom öffentlichen Sektor aus initiiert und später betrieben wird.

Sie streben die Konzeption dieser Lösung allein an?

Nein. Wir haben schon mit diversen Emittenten, Investoren und Banken gesprochen. Auch die EZB hat an diesem Unterfangen grundsätzliches Interesse gezeigt. Die EZB hätte dabei den Blick insbesondere auf das Post-Trade-Element dieser Fintech-Lösung geworfen, während wir uns verstärkt auf das Pre-Trade-Element fokussieren. Das ließe sich gut verbinden, d.h. es ginge um eine Kombination von Front-End- und Back-End-System. Wenn man wollte, könnte man die beide zusammenlegen, d.h. ESM und EZB könnten gemeinsam an dieser Fintech-Lösung für Bondemissionen arbeiten. Natürlich müsste die EZB vorher entscheiden, ob sie das auch tatsächlich will.

Was hieße das für den Markt?

Wir sehen uns derzeit an, wie dieser Markt sehr viel effizienter aufgestellt und betrieben werden kann. Die EZB könnte dabei die Führungsrolle übernehmen. Das könnte die Marktinfrastruktur in Europa für in Euro denominierten Schuldpapieren der öffentlichen Hand harmonisieren, und zwar den gesamten Emissionsprozess von der Vorbereitung bis zur Zahlung. Das würde für die Emittenten eine sehr große Erleichterung bei der Begebung der Bonds und Bills bedeuten. Für die Investoren würde so der Zugang zum Primärmarkt erleichtert. Wir würden so einen tieferen und liquideren Markt durch diese neue Plattform bekommen. Das würde wiederum für eine höhere Stabilität des Marktes sorgen. Wir würden das auch als Aufgabe des ESM verstehen. Denn eine solche Lösung, ob wir sie nun Plattform oder Service nennen, wäre entscheidend für einen gut funktionierenden europäischen Kapitalmarkt. Das wäre ein wichtiger Beitrag für die Kapitalmarktunion.

Ist diese Plattform oder dieser Service, von dem Sie sprechen, nur für die Emissionen von Bonds, oder denken Sie auch an einen Sekundärmarkt?

Der Fokus liegt ganz klar auf dem Primärmarkt.

Wann könnte es denn losgehen mit dieser neuen Plattform?

Zuerst brauchen wir eine Entscheidung, ob die EZB mitmacht. Sollte die Entscheidung positiv ausfallen, müssten Marktkonsultationen erfolgen, Coding, Tests und Umsetzung. Das wird mindestens noch das Jahr 2020 in Anspruch nehmen.

Was sind denn die Vorteile für die Emittenten, wenn Sie diesen neuen Service nutzen im Vergleich zu dem System, das wir heute kennen?

Die Primärmärkte für Anleihen sehen heute noch so aus wie in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Es wird weiterhin mit dem Telefon gearbeitet und persönliche Kontakte der Akteure spielen dabei eine wichtige Rolle. In der Kommunikation und der Datenverarbeitung gibt es viele Systembrüche. Der Bookbuilding-Prozess verläuft eher ungeordnet und ist nicht mehr modern. Wir überlegen, vom Front- bis zum Backend ein einheitliches und aufeinander abgestimmtes System aufzubauen, das den Emissionsprozess für Emittenten, Banken und Investoren sehr viel effizienter gestalten würde. Es beginnt mit der Ankündigung des Bond-Deals und würde bis zum Settlement der gesamten Transaktion gehen. Wir würden damit eine sehr stabile Prozesskette für den Emissionsprozess am europäischen Bondmarkt aufbauen. Der gesamte Bondemissionsprozess wäre von einer höheren Effizienz gekennzeichnet sein. Wir hoffen dabei auch auf eine größere Kosteneffizienz.

Wie werden sich die Marktstabilität und die Bondliquidität unter dem Eindruck dieses neuen Service entwickeln?

Dieser neue Service würde die Attraktivität der Bonds erhöhen und sollte damit auch die Liquidität unterstützen. Wir würden zudem einen größeren und tieferen Markt in Europa schaffen. Dieser Markt würde sich zudem durch eine stärkere Widerstandsfähigkeit auszeichnen. Das ist ein großer Vorteil in Krisenzeiten oder wenn die Märkte von politischen Spannungen betroffen sind. Entscheidend ist aus meiner Sicht, dass wir hochliquide Märkte mit einer sehr weitreichenden Markttiefe bekommen würden. Diese Prozesskette würde es in jeder Hinsicht einfacher machen, mit europäischen Schuldpapieren zu arbeiten, und zwar in jeder Stufe des Emissionsprozesses. Es würde damit auch die Harmonisierung des europäischen Kapitalmarktes voranbringen. Das ist natürlich auch ein nicht zu vernachlässigendes Element dieser Initiative. Das würde auch zur Stärkung des Euro in globaler Hinsicht beitragen.

Wie werden sich die Bondprimärmärkte im 21. Jahrhundert verändern?

Digitalisierung ist das entscheidende Wort hierbei. Die Märkte werden sich in einer Dekade deutlich verändert haben und in zwei Dekaden noch sehr viel mehr. So viel steht fest. Getrieben wird diese Entwicklung durch Künstliche Intelligenz, umfangreiche Datenauswertung, Advanced Analytics, Robotics etc. Und das sind eben keine Modewörter, die in ein paar Jahren verschwunden sein werden, sondern das sind sehr nachhaltige Entwicklungen, die die Zukunft stark verändern werden. Im Business-to-Business-Bereich wird sich die Infrastruktur sehr stark verändern. Die Akteure in diesem Geschäft wie etwa Händler oder Agents werden bleiben, aber die gesamte Prozesskette des Bondemissionsgeschäfts wird sehr viel strukturierter, aufgeräumter und innovativer sein. Und das ist auf die Digitalisierung zurückzuführen.

Welche Institutionen/Entitäten werden an diesem neuen Service partizipieren?

Es wäre aus unserer Sicht wichtig, dass diese Plattform letzten Endes von der EZB betrieben wird. Die EZB wäre dann auch die treibende Kraft, wenn es darum geht, dieses neue System zu Emittenten, Investoren und anderen Akteuren zu bringen. Wir beim ESM würden diese Initiative sehr unterstützen und den gesamten Prozess sehr stark mit vorantreiben. Derzeit kommen immer mehr Banken zu uns, um sich über dieses neue System und darüber zu erkundigen welche Funktionen damit verbunden sein würden. Aber auch Technologiefirmen kommen zu uns um sich zu informieren.

Investoren bekommen es auch schon vorgestellt?

Sollte es zu einer Realisierung des Projektes kommen, müssen Investoren frühzeitig eingebunden werden. Der Grund liegt darin, dass direkte Verbindungen zwischen diesem neuen System und bestimmten Investoren möglich sein werden. Die gesamte Bond-Transaktion wird dadurch auch vereinfacht. Bei Emittenten, denen wir den Service vorstellen, ist die Interessenlage an dem neuen System ein wenig unterschiedlich gelagert: Manche mögen eher die ‚pre-trade’- andere eher die ‚post-trade’ Funktionalitäten. Wir wollen das ganze System modular aufbauen, so dass jeder selbst entscheiden kann, worauf er stärker fokussiert, ja nachdem was für sein Geschäftsmodell relevant ist.

Welches Feedback bekommen Sie auf diese Initiative aus dem Markt?

Das Feedback ist generell sehr positiv. Wir sagen allen auch ganz klar, dass es an der Zeit ist für diese Modernisierung. Wir haben schlichtweg eine veraltete Marktinfrastruktur für den Vertrieb von Schuldpapieren in Europa. Es geht nicht um eine Abschaffung der Intermediäre. Manche Banken fürchten, dass ihre Bedeutung abnehmen könnte. Das stimmt so nicht. Banken werden in den kommenden Jahrzehnten eine sehr wichtige Rolle einnehmen. Diese neue Plattform wird die Effizienz des Marktes erhöhen. Und das ist im Interesse aller. Es gibt im Wesentlichen drei Vorteile durch das neue System. Das Modell ist neutral, d.h. es präferiert keine einzelnen nationalen Märkte oder Investoren. Des Weiteren hat das System eine paneuropäische Reichweite in Bezug auf die Emittenten und eine globale Reichweite in Bezug auf die Investoren. Und schlussendlich findet eine Harmonisierung statt: Es gibt einen einheitlichen Platz, wo Emittenten ihre Euros beschaffen können.

Und warum ist gerade die Erfahrung des ESM notwendig für diese neue Plattform?

Der ESM ist einer der großen Emittenten von in Euro denominierten Schuldpapieren. Das bedeutet, dass wir als Emittent sehr viel Erfahrung vorzuweisen haben. Wir wollen nun mit dazu beitragen, wenn es darum geht, dem Markt zu einem neuen Ansatz zu verhelfen, und zwar vom Front- bis hin zum Backend. Es soll also ein effizienterer Markt werden – angefangen bei der Preisgestaltung bis hin zum Settlement. Außerdem wollen wir die Kapitalmarktunion voranbringen, zu tieferen Märkten und zur Stärkung des Euro auf der globalen Bühne beitragen.

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